Autoglas: Für Scheibentausch gilt Meisterpflicht!

Der bestehende Wildwuchs im Autoglas-Geschäft ist uns seit langem ein Dorn im Auge, denn die Scheibe eines Autos ist in den letzten Jahren mehr denn je zum sicherheitsrelevanten Bauteil geworden. Nun gibt es endlich ein Urteil zur Meisterpflicht. Das Landgericht Koblenz stellt mit seinem Urteil vom 12. November 2024 (AZ 1 HK O29/24) klar: Für den Scheibentausch gilt die Meisterpflicht!
Eigentlich war die Frontscheibe eines Autos schon immer ein sicherheitsrelevantes Bauteil. Doch spätestens mit der Tatsache, dass sie zum tragenden Teil der Karosserie wurde, dass Fahrerassistenzsysteme (FAS | ADAS) mit ihr in Verbindung stehen, dass nach dem Tausch die involvierten Fahrerassistenzsysteme unter Verwendung der vom Fahrzeughersteller vorgegebenen Verfahren zu kalibrieren sind und die Fahrzeughersteller nun nach dem Scheibentausch Bescheinigungen zur Verwendung zu den von ihnen freigegebenen Klebern verlangen, zeigt, dass die Meisterpflicht auch in diesem Bereich unerlässlich ist.
Zum vorliegenden Sachverhalt:
Ein Kfz-Betrieb hatte im Frühjahr 2024 mit dem Austausch von Frontscheiben und dem Kalibrieren von Assistenzsystemen geworben. Dies, obwohl die Durchführung der beworbenen handwerklichen Leistungen nur erlaubt sind, wenn der Betrieb in der entsprechenden Handwerksrolle eingetragen ist. Das war der Kfz-Betrieb jedoch nicht, weshalb die Frankfurter Wettbewerbszentrale den Unternehmer zur Unterlassung aufforderte. Die Unterlassungsaufforderung lehnte der Kfz-Betrieb ab, weshalb er von der Wettbewerbszentrale abgemahnt wurde.
Die Angelegenheit landete somit vor Gericht und das Koblenzer Landgericht bestätigte in seiner Entscheidung am 12. November 2024 (AZ 1 HK O29/24), dass die Abmahnung rechtens ist: "Ohne Eintrag in die Handwerksrolle dürfen solche Reparaturleistungen nicht durchgeführt werden - für Scheibentausch gilt Meisterpflicht. Eine Werbung verstößt damit gegen das Wettbewerbsrecht".
Die Gründe sind klar und nachvollziehbar:
Das LG Koblenz begründete seine Entscheidung im Weiteren damit, dass die beworbenen Tätigkeiten des Kfz-Betriebs unter ein eintragungspflichtiges Handwerk fallen und meisterpflichtig sind. Denn besonders der Austausch von Frontscheiben sowie die anschließenden herstellerkonform auszuführenden Kalibrierarbeiten verlangen Meisterkenntnisse. Fehlen diese und passierten deshalb Fehler im Reparaturprozess, dann könnten diese für die Kunden tödliche Folgen haben. Als Beispiel wurde vom Gericht ein fehlerhaft verbundenes Kabel zwischen Frontsensorik und Fahrzeugelektronik angeführt, welches zu einem Ausfall des Notbrems- oder des Spurhalteassistenten und damit zu schwerwiegenden und potenziell tödlichen Unfällen führen könnte.
Der Anfang ist gemacht, mehr aber auch nicht!
Sicherlich ist es so, dass nicht alle Urteile publik werden und dass nicht alle Schadenfälle auf den eigentlichen Verursacher oder Mitverursacher zurückgeführt werden (können). Nun haben wir mit dem Urteil des LG Koblenz und dem des OLG Frankfurt (Az.: 23 U 120/20) jedoch schon mal das zweite, welches sich wirksam mit dem Thema Autoglas, FAS und ADAS und den daraus resultierenden Haftungsfragen beschäftigt.
Ausreichend ist das jedoch noch lange nicht. Was nun folgen muss ist eine wirksame Unfallschadenforschung im Auftrag der Versicherungen. Diese steuern aktuell noch viel zu viele Schäden in Betriebe und wickeln Schäden von Autoglasketten ab, die nicht nur nicht herstellerkonform arbeiten, sie können es nicht einmal. Sie können es nicht, weil es schon alleine an der notwendigen Werkstattausrüstung fehlt. Welcher Carglass-Betrieb hat eine 3D-Achsmessanlage mit vernetztem ADAS-System? Welcher Carglass-Betrieb hat einen direkten Zugang zum Fahrzeughersteller, über den er tagesaktuell VIN-spezifische Vorgaben abfragt? Ist in jeder Carglass-Filiale ein Kfz-Meister präsent? Der Schadenforschung des KTI ist das alles bekannt. Es stellt sich also die Frage, wie wir Druck auf den Kessel kriegen: Wir werden den Verbraucher informieren und sensibilisieren. Wir werden mit unseren Autoglas Kompetenz-Zentren dem Verbraucher eine meisterlich kompetente Alternative aufzeigen. Wir werden Behörden und Institutionen informieren.
Wir werden Versicherungen anschreiben und auf deren herstellerkonforme Abwicklungspflichten hinweisen.
Next Steps!
Wir haben das Urteil angefordert, werden weiter hierzu berichten und Maßnahmenpakete beschließen.
unter Mitarbeit von Rechtsanwalt Sebastian Trost (www.lst.law) / Ralf Galow